Hufwissen

Das Multifunktionswunder Huf

Das Hufbein und die Kapsel

Bodenseitige Basis für das Skelett und den folgend ansetzenden Bewegungsapparat ist der letzte Zehenknochen – das Hufbein. Um dieses Hufbein und seine umgebenden Gewebe herum bildet die Hufkapsel eine Art Kralle aus Hufhorn. 

Von unten betrachtet zeigt das Hufbein eine Wölbung, der auch die Sohlenhornwölbung im gesunden Huf entspricht bzw. sollte. Das Hufbein, und ebenso das an und um das Hufbein herum befindliche Gewebe, werden von einer sehr stark durchbluteten, sogenannten Huflederhaut umgeben. Diese Haut wird an der Sohle, dem Strahlpolster und den Seiten jeweils anders benannt und produziert unterschiedliche Hornqualitäten. Von innen klebt sich Horn, welches von der das Hufbein umgebenden Lamellen-oder Blättchenlederhaut produziert wird, an die Kapselwand. So „hängt“ das Hufbein als letzter Zehenknochen über die Huflederhaut, durch Horn „verklebt“, in der Hufkapsel. Die Kapsel macht an den Ballen einen scharfen Knick nach innen und verläuft anatomisch wie ein kleiner Keil in der Höhe abnehmend, bis etwa maximal zur Hälfte des Strahlpolsters herunter. Sie heißt ab hier Eckstrebe und stabilisiert den Huf im bioelastischen Trachtenbereich. Die Eckstrebe ist anatomisch funktional an das Gewölbe der Sohle angepasst und dringend auf Abrieb vom Boden angewiesen. Sonst wächst sie ungebremst und fixiert den Huf im Gewölbe, was nicht nur die Funktion des Hufes einschränkt, sondern für das Pferd durchaus sogar Schmerzen produzieren kann.

Es wird schon deutlich: der Huf ist also kein einfach nachwachsender starrer Hornklotz am Ende der behaarten Gliedmaßen.

Die physiologische Hufstellung

Auch die Stellung der Zehenknochen des Pferdebeines, das Hufbein, das Strahlbein als Hilfsknochen im Hufgelenk, das Kronbein und das Fesselbein bilden gemeinsam eine bereits stoßdämpfende Anordnung der Zehe. Vorderhufe sind eher rundlich, die Hinterhufe haben eher eine spitzovale Form. Dies entspricht der Anatomie der Hufbeinknochen. Außerdem unterscheiden sich Vorder- und Hinterhufbein in der Höhe der Wölbung an der Unterseite und an der Winkelung der Zehenlinie zum Boden. 

Entsprechend der grundsätzlichen Kontur der Hufbeinknochen ergibt sich daher auch der Verlauf der Zehenlinie der Hufkapsel und des Kronrandes der Hufkapsel. Wenn der seitliche Kronrandverlauf, also entlang der Haaransatzline von den Trachten ansteigend zum Zehenkronrand eine Abweichung von gesunden Parametern zeigt, ist das aus unterschiedlichen Gründen betrachtet besonders schädlich. Eine Abweichung hat vielfältigste Auswirkungen auf den gesamten Bewegungsapparat und hufinnere Strukturen.

Eine nötige Korrektur der Hufstellung, wenn sich bereits Probleme oder Abweichungen  zeigen, sollte die Hufsituation wieder in Richtung der physiologischen Parameter anstreben, unter Abwägung und Einbeziehung aller individuellen Ausprägungen.

Gesamtzusammenhänge

Und natürlich haben Probleme im Bewegungsapparat auch Auswirkungen auf die Zehenknochenstellung. Hier ist immer eine gegenseitige Beeinflussung zu beachten. Deshalb kann in manchen Fällen  eine Hufkorrektur nur mit einer Therapie des Bewegungsapparates erfolgversprechend werden, sowie umgekehrt eine Hufkorrektur dem Körper zur Lösung von Problemen helfen.

Trachtenhöhe zum Boden oder echte Trachtenlänge sind unterschiedlich zu bewertende Maßgaben, die nicht das gleiche meinen. Eine erfolgreiche Interpretation der physiologischen Strukturen in der Hufbearbeitung findet die optimale individuelle Länge und Höhe. Die physiologische Trachtenlänge variiert von Pony bis Kaltblut entsprechend der natürlich auch bestehenden Höhen-und Breitenunterschiede der Hufbeinknochen. Die grundsätzlichen Hufparameter je nach Hufbeingröße und Rasse gleichen sich also und werden idealerweise bei der Hufbearbeitung individuell optimal interpretiert. Das sind spannende Themen rund um die Hufe.

Wenn das Hufbein mit seinen Ästen nahezu parallel zum Boden, gesund in der Hufkapsel „steht“ bzw. „hängt“, dann ist im gesunden Organismus eine optimale Kraftverteilung auf das Beuge- und Strecksystem des Bewegungsapparates gewährleistet. Die wissenschaftliche Studie „The effect of hoof angle variations on dorsal lamellar load in the equine hoof“ von Glenn Ramsey, University of Auckland, New Zealand aus dem Jahr 2011 unterstützt dies.

Die optimale Funktion des Hufes ist also abhängig von verschiedenen zueinander passenden Parametern.

Eine Krankheit im Organismus kann sich allerdings aufgrund von Schmerzhaltung auch an den Hufen zeigen und kranke Hufe können wiederum ungünstigen Einfluss auf den Organismus ausüben, denn das Hufhorn ist fortwährend nachwachsend und abhängig von fortwährendem Abrieb.

Die nötige Stoßdämpfung und Durchblutung der hufinneren Gewebe hängt von einem gesund funktionierenden reversiblen, bioelastischen Weiten und Zusammenziehen der Hufkapsel während der Bewegungsabläufe ab. Damit das auch wirklich reibungslos stattfinden kann, bedarf es wiederum vielzähliges Zusammenwirken aller Huffunktionen.

Lust auf mehr?

Wie sehen nun diese physiologischen Parameter der Huf aus? Wie begründen sie sich? Welche Funktionen übernehmen die inneren Gewebe? Was passiert, wenn Hufe sich schleichend von diesen gesunden Situationen entfernen? Und vor allem: was kann getan werden, um wieder eine gesunde Richtung in der Bearbeitung einzuschlagen? Was darf nicht mehr getan werden und was sollte unbedingt getan werden? Warum sind die Hufe so anfällig, ihre gesunde Funktion zu verlassen, und warum sind Hufkrankheiten so häufig? Was muss in der optimierenden Hufbearbeitung beachtet werden?

Alle diese spannenden Fragen können auch Pferdehalter und -therapeuten lernen, so dass sie (Fehl-)Entwicklungen an den Hufen ihrer Pferde bemerken können. Wir klären die Fragen anschaulich in unseren Seminaren und freuen uns über wissbegierige Interessierte.