Hufwissen

Hufrehe

Was Hufrehe ist und wie man sie erkennt

Hufrehe im akuten Zustand bezeichnet eine Entzündung der Huflederhaut verbundenen mit entsprechender Lahmheit. Im akuten Fall ist entsprechend der Entzündung vermehrte Hitze im Huf festzustellen, ebenso ist laut Lehrbuch eine verstärkte Pulsation an den seitlichen Digitalis-Arterien zu fühlen. Diese Pulsation ist erfahrungsgemäß nicht immer vorhanden und muss außerdem von „pulsierenden“ Abszessvorgängen unterschieden werden. Daher ist im akuten Zustand eine ernsthafte Rehe nicht immer eindeutig „leicht“ zu bestimmen.

Bei Hufrehe zeigt sich häufig ein steifer, klammer Gang, verkrampfte Körperhaltung, Wendeschmerz, und besonders auffällige Trachtenfußung bei vorgestreckten Vorderbeinen und untergeschobenen Hinterbeinen. Hierauf ist nicht immer Verlass, denn auch diese Haltung kann durch Abszessgeschehen oder Körperproblematiken eingenommen werden.

Diese schwerpunktverlagernde Körperhaltung im Falle einer sogenannten Rehe wird durch eine Entzündung der sogenannten Blättchen- oder Lamellen- manchmal auch Sohlenlederhaut begründet. Innerhalb der harten Hornkapsel schwillt das Gewebe an und der sich gleichzeitig entwickelnde Druck in der Hufkapsel löst Schmerzmeldungen aus. Das Pferd versucht die Last auf die Trachten zu verlagern, um die betroffenen Gewebe im Zehenbereich zu entlasten. Diese Schmerzausweichhaltung hängt von der individuellen Situation ab.

Was im Huf passiert

Eine Entzündung der Sohlen- und Lamellenlederhaut kann sich aus unterschiedlichen Gründen entwickeln und erhält dann als Rehe entsprechende Zusatzbezeichungen gemäß den Aspekten der Auslösung,  wie z.b. Überbelastungen, Vergiftungen oder systemisch wirkende grundsätzliche Stoffwechsel- und Darmimbalancen.

Je nach Hufsituation und Stärke der Entzündungsvorgänge kann, vereinfacht ausgedrückt, zudem Sekret aus den geschwollenen Gefäßen der Lamellenlederhaut austreten und dadurch die Hornverklebung des Hufbeins zur Hufkapsel unterbrechen. Das heißt, der „Hufbeinträger“ ist dann nicht mehr stabil. Durch Schwellung der Lederhäute in der engen Kapsel oder folgend austretendem Blutserum aufgrund von Gefäßverletzungen statt regulär gesundem Klebehorn, kann die Weiße-Linie-Verklebung geschädigt werden und unter dem eintreffenden Pferdegewicht die Aufhängung nicht mehr halten. Diese Entwicklung produziert weitere Schmerzen in einer zusätzlich gezerrten und verletzten Lederhaut.

Je nachdem, wie schwerwiegend die Folgereaktionen für den Hufbeinträger – die Aufhängung – ist, erfolgt eine Veränderung der Hufbeinlage. Das Hufbein wird aufgrund der eintreffenden Körperlast auf den nicht stabil verbundenen Zehenbereich des Hufes aus seiner Position gedrückt. Dies wird je nach Situation Hufbeinseparation, -rotation oder und -(ab)senkung benannt.

Deshalb vermeidet das Pferd schnelle, erschütterungsreiche Bewegung, die den vorderen Zehenbereich stärker belasten würde und das Hufbein dadurch aus seiner Verankerung hebelt. Daher sind schmerzregulierende Medikamente, die diesen Schutzmechanismus des Pferdes ausschalten, kritisch abzuwägen. Im sogenannten Rehegang sind nur langsame, somit geringer belastende Bewegungen möglich, der unbedingt nötige Abtransport stoffwechselrelevanter Flüssigkeiten wird jedoch trotzdem unterstützt und gewährleistet. Je besser Flüssigkeiten aus der Kapsel abtransportiert werden, desto weniger zusätzlicher Druckschmerz in der engen Kapsel findet statt. 

Eine genauere veterinärmedizinische Diagnose wird in der Regel anhand eines Röntgenbildes festgestellt. In einer ersten Rehesituation erfolgt ein Röntgenbild meistens, sobald erste Akutmaßnahmen neben dem Verhindern weiterer Vergiftungsmöglichkeiten und Regulierung der Entzündung nicht greifen und damit eine gravierendere Situation zu vermuten ist. Dies weist somit in einen chronischen Übergang des Verlaufs.

Spätestens jetzt sollte die Hufsituation dringend kontrolliert werden. Bei einer nicht-physiologischen Hufstellung können gravierende mechanische Hebel wirken, so dass die Hufe bei einer Entgleisung des Stoffwechsels den Belastungen nicht gewachsen sind.

Daher ist es für alle Pferdehalter wichtig, zu erkennen, welche Merkmale an den Hufen und in der Gesamterscheinung bezgl. Stoffwechselauffälligkeiten auf grundsätzliche Probleme und damit Anfälligkeiten für entsprechende Hufkrankheiten hindeuten können.

Übliche Behandlungsmöglichkeiten

Als übliche Herangehensweisen an das Problem, das Hufbein wieder parallel zur Hufkapsel zu bringen und zu verhindern, dass es an der Spitze durch die Sohle bricht, werden einige unterschiedliche Standardmaßnahmen empfohlen. Dazu gehören unterschiedliche orthopädische Beschlags- oder Castvarianten. Eine Begutachtung der Hufsituation, also evtl. nötige Veränderung und Korrektur der bestehenden ungesunden Hufhornsituation, wird routinemäßig nicht immer einbezogen. Bestehen mechanische Reizung in der grundsätzlichen Hufsituation, wird nach unserer Erfahrung das Pferd trotz Rehe, also Verlust der Zehenaufhängung, versuchen, den schmerzenden Bereich zu entlasten und damit u.U. gerade die Zehe weiterhin überbelasten. Hieraus können sich sehr gravierende chronische Hufrehesituationen entwickeln. Ähnlich schädigend können nach unserer Erfahrung auch weitere Schmerzen im Pferdekörper, z.b. aus dem Darm kommend oder aus dem Bewegungsapparat eine Überbelastung der Hufbeinzehe auslösen und den Verlauf einer Rehe dadurch negativ beeinträchtigen.

Allgemein wird Hufrehe-Pferden keine gute, vor allem langfristige Heilungschance eingeräumt. Es wird aber auch selten eine Hufbearbeitung nach physiologischen Grundsätzen beachtet.

Ebenso bemerken wir immer wieder ein frühzeitiges fehlendes individuelles, ganzheitliches Betrachten und Beachten der Gesamtsituation, also der Weidebeschaffenheit, der Futtersituation, der Stoffwechsel- und Gebäudesituation.

Die Pferdebesitzer hören, ihr Pferd sei zu dick oder hätte zu wenig Bewegung. Doch wichtig ist:

  • Warum scheint das Pferd zu dick zu sein? Ist es fett oder funktioniert eher der Lymphabfluss nicht mehr? Und warum lagert es Wasser ein?
  • Kann das Pferd die angebotene Nahrung überhaupt gesund verdauen?
  • Wieso frisst es denn ohne Unterlass, sobald es nicht eingeschränkt wird? Das ist nicht (!) normal und hat Gründe, die dringend aufgespürt werden müssen.

Die Gefahr einer beginnenden Rehe ist also der Verlust der Aufhängung, gekoppelt an eine Separation, Rotation und Absenkung des Hufbeins, mit einem Hufbeinträgerschaden je nach Schweregrad. In einem solchen Fall hängt die Heilung der Hufe von der Fähigkeit einer korrekten Neubildung einer Aufhängung ab. Zehenkapselwand und Hufbeinzehe müssen sich wieder tragfähig verbinden und langfristig den Hufbeinknochen wieder „aufhängen“ können.

Über die Art und Weise der nötigen unterstützenden Maßnahmen für das Pferd zu dieser Regeneration gibt es unterschiedliche Auffassungen und Interpretationen in der Hufwelt.

Unsere huf-heilpraktische Betrachtung und unser Vorgehen

Häufig beobachten wir im Zusammenhang mit Hufrehe unphysiologische Hufsituationen und unbemerkte Stoffwechselerkrankungen, die eine Regeneration negativ beeinflussen.

Wie bereits beschrieben, kann das entzündete Gewebe der Lederhäute aufgrund vermehrter Stoffwechselprozesse durch Kapillarerweitung anschwellen, was dann den Druck in der Hufkapsel erhöht und Schmerzen auslöst. Pferde versuchen durch den Rehestand und -gang eine natürliche Schmerzlinderungsmöglichkeit zu finden. Gewichtsverlagerung auf die Trachten nimmt die Drucklast von der Zehe und gleichzeitig wird die Hufbeinzehe mit dem Strecksehnenapparat stabilisiert, um die Last auf die Hornblättchen der Zehe zu reduzieren, bis sich das hufinnere Geschehen wieder beruhigt hat. Das ist die natürliche und sinnvolle Folge des Rehestandes. Auf diese Weise könnte bei beginnender Rehe die Aufhängung relativ standhalten, da das Pferd aktiv durch Rehestellung die Zehenlast minimieren würde. Ein solcher Huf hat nach schneller Regulation des Stoffwechsels, deutlich schnellere Heilungsmöglichkeiten als ein Huf, in dem die Körperlast vermehrt auf die Zehe hebelt. Die Lamellen produzieren wieder kräftiges Klebehorn, das die strapazierten Zwischenräume der Verklebung auffüllt, sodass relativ schnell wieder eine tragfähige und damit schmerzfreie Aufhängung  „verkleben“, entstehen könnte.

Daraus folgt für uns, dass in einer Rehesituation neben Unterbindung weiterer Stoffwechselstörungen, Unterstützung und Behebung der bestehenden Stoffwechselimbalancen, schnellstmöglich eine Korrektur nach physiologischen Hufparametern eine Unterstützung für das Pferd, auch im Hinblick auf den natürlichen Rehestand bedeutet.

Die wissenschaftliche Studie zur Biomechanik aus dem Jahre 2011 von Glenn Ramsey, Neuseeland unterstützt, dass die Lamellen- oder Blättchenhaut bei steil stehendem Hufbein an der Zehe zunehmend überlastet wird, die Kräfteverteilung also, je steiler das Hufbein steht oder gestellt wird, auch immer ungünstiger für den Verlauf einer Heilung wird. Die Studie belegt in ihren Ergebnissen ebenfalls die Theorie, dass die tiefe Beugesehne langfristig mechanisch nicht entlastet werden kann, da die Muskeln durch Kontraktion versuchen, dieses Ungleichgewicht in der gesamtkörperlichen Sehnenverspannung schnell wieder auszugleichen. Nach den Erkenntnissen der Studie zieht nicht die tiefe Beugesehne das Hufbein in eine Rotation. Die zunehmende Lasteinwirkung auf die Hufbeinzehe verursacht die Lageveränderung des Hufbeins. Neben der Störung vitaler Durchblutungsvorgänge werden ungünstige Hebelwirkungen auf die Hufbeinspitze gefördert, je steiler das Hufbein auf die Spitze dreht, noch dazu bei einem Verlust der Klebeverzahnung von Hufbein zu Kapsel.

Die Bemühung einer Entlastung des Zehenbereiches mittels Keilunterlagen birgt auch nach unseren Erfahrungen große Probleme. Für uns scheiden demnach alle Maßnahmen zur Erhöhung der Trachten aus. Je besser die Kräfteverteilung auf das gesamte Hufbein mit seinen Hufbeinästen gewährleistet ist, je weniger Druck von ungesunden Hornsubstanzen im Sohlen-, Eckstrebenbereich die nötige Lastaufnahme im Trachtenbereich für das Pferd erschwert, desto schneller und effektiver kann sich die Lederhaut regenerieren und nach Ablauf der akuten Entzündung wieder tragfähiges Horn produzieren, die Zehenkapsel mit dem Hufbein verkleben.

Je nach individuellem Erscheinungsbild überprüfen wir auch in konventionell austherapierten Fällen, inwieweit eine huf-heilpraktische Therapie eingeleitet werden kann. Diese ist individuell abhängig von dem Ausmaß der vermuteten Schädigung der Lederhäute, des Kronwulst und des Hufbeinknochens. Eine erfolgreiche Unterstützung und Regulation des Stoffwechsels ist Grundlage, Hufschuhe setzten wir zur Stoßdämpfung ein.

Das große Thema Hufrehe kann hier nur in minimalen Ansätzen kurz als Überblick angeschnitten werden. Wir informieren dich angepasst an deinen individuellen Fall über unsere Einschätzung oder Möglichkeiten einer Behandlung. In unseren Hufseminaren intensivieren wir dieses sehr umfangreiche Thema.